Die Schwäbisch Hall Unicorns befinden sich in der Sommerpause: Der Spielplan hält für das GFL-Team derzeit drei spielfreie Wochenenden in Folge bereit. Ein guter Zeitpunkt, um mit den Verantwortlichen ein Sommerinterview zu führen.

 

Die Unicorns eilten in der Hinrunde der GFL-Süd von Sieg zu Sieg. Woher kommt der Erfolg und bringt er auch Probleme mit sich? Leidet die Attraktivität der Spiele und des Wettbewerbs darunter? Wie läuft es neben der GFL bei den anderen Unicorns-Teams? Dazu und zu den Plänen für den Rest der Saison 2019 unterhielten wir uns mit Jürgen Gehrke (Vorsitzender), Jordan Neuman (Head Coach) und Siegfried Gehrke (Sportdirektor).

 

Die Unicorns liegen nach neun Spielen ungeschlagen an der Tabellenspitze der GFL-Süd. Sie dominieren die Süd-Gruppe in diesem Jahr mit im Schnitt 47:6 Punkten pro Spiel und mit vier Zu-Null-Siegen wie selten zuvor. Warum?

S. Gehrke: Ich denke, wir haben in diesem Jahr zumindest im Süden den besten Kader und das nicht nur bei den Startern, sondern auf fast allen Positionen auch in der Tiefe. Die Jugendarbeit der letzten Jahre macht sich im GFL-Kader bemerkbar und es kommt hinzu, dass wir offenbar für viele Spieler, die Potenzial haben und sich entwickeln wollen, sehr attraktiv sind. Zugänge von außen müssen wir oftmals nicht suchen, sondern sie kommen von sich aus auf uns zu.

 

Es gibt Stimmen, die sagen, dass die Unicorns derzeit zu stark für die GFL-Süd sind und sie sich etwas zurücknehmen sollten, um die Spiele attraktiver zu machen. Wie seht ihr das?

J. Neuman: Um uns zu entwickeln, müssen wir jede Woche das Beste aus unseren Möglichkeiten machen, egal gegen wen wir spielen. Wir arbeiten in jeder Trainingswoche hart daran und auch wenn es angesichts einiger hohen Ergebnisse nicht so aussieht, war es kein einfacher Prozess zu dem Punkt zu kommen, an dem wir jetzt stehen. Das geht nicht einfach so. Außerdem wissen wir, dass auch die anderen Teams besser werden und ehrgeizig sind, gegen uns ihre beste Leistung zu zeigen. Nur weil die Spiele in der Hinrunde oft nicht knapp ausgegangen sind heißt das nicht automatisch, dass das auch in der Rückrunde so sein wird. Ich erwarte engere Spiele nach der Pause, was natürlich auch für die Fans eine gute Sache wäre.

S. Gehrke: Die Diskussion um die Attraktivität der Spiele in diesem Jahr zeigt deutlich das Strukturproblem der GFL auf, das allerdings nicht erst seit dieser Saison existiert. Das Leistungsgefälle ist in den zwei GFL-Gruppen einfach zu groß, nicht nur in der Süd-Gruppe, wo es in diesem Jahr nur deutlicher zutage tritt. Im Norden gab es auch schon solche Jahre, zum Beispiel mit Braunschweig in der Rolle des alleinigen und unangefochtenen Seriensiegers. Außerdem fehlt der Liga seit der Abschaffung der Interconference-Spiele vor sieben Jahren der unterjährige Vergleich zwischen den Nord- und den Süd-Teams. Die Lösung liegt aus meiner Sicht nicht darin, dass sich ein erfolgreiches Team zurücknimmt, sondern in der Verkleinerung der Gruppen. Dadurch würde die Leistungsdichte innerhalb der Gruppen steigen und Interconference-Spiele wären ebenso möglich, wie Spiele auf europäischer Ebene. Alles Faktoren, die die Attraktivität des Spielbetriebs anheben würden.

 

Spürt ihr die angeblich mangelnde Attraktivität bei den Heimspielen?

J. Gehrke: An der Stelle schafft uns der Erfolg derzeit schon auch ein Problem. Unser Zuschauerschnitt hinkt 2019 hinter dem des Vorjahres hinterher. Das liegt zwar hauptsächlich an dem Pech, dass vier unserer bisher fünf Heimspiele verregnet waren und es beim fünften dann zu heiß war. Andererseits sagen uns aber auch einige Zuschauer, dass sie erst wieder zu den von ihnen erwarteten Playoff-Spielen kommen wollen, weil ihnen bis dahin die Spannung fehlt. Das beschäftigt uns sehr und wir überlegen verschiedene Maßnahmen, um da noch in der laufenden Saison zu besseren Zahlen zu kommen. Und Jordan hat es ja schon gesagt: In der Rückrunde gehen wir von engeren Spielen als in der Hinrunde aus. 

 

Das GFL-Team muss in diesem Jahr immer wieder Ausfälle von Leistungsträgern hinnehmen. Jüngstes Beispiel ist Nick Alfieri, der sich bei einem Verkehrsunfall verletzt hat und länger ausfallen wird. Wird es in der Rückrunde noch Veränderungen im GFL-Kader geben?

J. Neuman: Im August werden nach Ende der GFL-Juniors-Runde wie in jedem Jahr die ältesten U19-Jahrgänge für die GFL spielberechtigt sein. Einige davon werden in der Zukunft gute und wichtige GFL-Spieler sein, aber wie immer werden die allermeisten davon noch etwas Zeit zur Entwicklung ihres GFL-Levels brauchen. Wir freuen uns deshalb sehr darauf, sie bald im Team zu haben um diesen Prozess starten zu können.

Besonders in der Defense ist die Situation in diesem Jahr tatsächlich schwierig. Zwar gehen wir davon aus, dass Gerhard Jäger im Lauf des August wieder eingesetzt werden kann. Bei Christian Köppe, Daniel Emmanuel und nun auch bei Nick Alfieri ist aber noch sehr unklar, wann sie in der Saison 2019 wieder spielen können und wie schnell sie nach so langen Pausen dann wieder auf 100% sein werden. Leider ist aus beruflichen Gründen auch noch offen, ob und wenn ja wann Quade Chappuis zu uns stoßen kann. Für diese Fälle müssen wir Vorsorge treffen und auf der Grundlage unserer Analyse der Hinrunde wird es außerdem noch eine personelle Umstellung im Defense Backfield geben.

 

Und wie sieht es in der Offense aus?

J. Neuman: In der Offense macht uns immer die Kadertiefe bei den Line-Positionen Sorgen weil es so kritische Positionen sind, die gleichzeitig wohl auch am schwierigsten mit guten Spielern zu besetzen sind. Deshalb würden wir uns sehr freuen, wenn Patrick Staudacher, der wegen einer OP eigentlich das ganze Jahr pausieren wollte, noch in diesem Jahr wieder aktiv einsteigen könnte. Er überlegt das gerade. Außerdem sind wir mit einem weiteren Offense Lineman im Gespräch, der aus dem Ausland längerfristig zu uns kommen will. Kann sein, dass das noch in der laufenden Saison klappt.

 

Welche Rolle spielt für Euch dabei die neue Regelung, die es ab diesem Jahr erlaubt, Spieler von europäischen Vereinen bis Ende Juli ohne Wechselsperre zu verpflichten?

J. Neuman: Ehrlich gesagt bin ich kein Freund dieser neun Regelung. Solange sie aber für alle gilt, nehmen wir die Vorteile daraus auch mit. Das könnte bei dem genannten Offense Lineman der Fall sein und bei einem weiteren europäischen Spieler, der gesagt hat, dass er ebenfalls langfristig zu uns kommen will. Die neue Regelung könnte beiden schon in diesem Jahr den Weg nach Hall frei machen. Außerdem sieht es so aus, dass uns diese Regel eine einfachere Lösung zumindest für eine teilweise Kompensation der Ausfälle in der Defense ermöglicht. All das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.

 

Sind die angedachten Veränderungen auch finanziell leistbar?

J. Gehrke: Ja, zumal sie uns kaum etwas kosten. Andernfalls würden wir das auch nicht ernsthaft überlegen. Unser Budget hat enge Grenzen, die wir nicht überschreiten. Was nicht gesichert aus eigener Kraft finanzierbar ist, das machen wir nicht. Dabei kommt uns durchaus zugute, dass viele Spieler nicht wegen Geld zu uns kommen. Ihnen geht es stärker um die Trainings- und Rahmenbedingungen in Hall, auf die wir viel Wert legen. Da kommt es auch vor, dass selbst internationale Spieler lediglich gegen Erstattung der Reisekosten zu uns kommen wollen. Dass das einige Beobachter nicht glauben können oder wollen ändert nichts an der Tatsache, dass es nun mal so ist. Natürlich erhalten Unicorns-Spieler auch mal von anderswo finanziell bessere Angebote. In den letzten Jahren hat das aber nur äußerst selten zu einem Abgang geführt, über den wir uns ärgern mussten.

S. Gehrke: Die angesprochene Neuregelung zu den europäischen Spielerwechseln betrachten wir allerdings schon auch mit Sorge und sind skeptisch, ob das für die Liga auf Dauer auch finanziell gut ist. Ich gehe davon aus, dass ein paar Vereine vor den Playoffs nochmals ordentlich investieren werden, was andere Teams wiederum unter Zugzwang setzten würde. Sollte das so kommen, dann hat der Faktor Geld für die Liga und den sportlichen Erfolg eine noch höhere Bedeutung als bisher, auch wenn wir uns in Hall dieser möglichen Spirale nicht aussetzen wollen und können.   

 

Nach neun von 14 Spielen sind die Unicorns noch ungeschlagen aber noch nicht sicher für die Playoffs qualifiziert. Man geht allerdings überall davon aus, dass es auch in diesem Jahr für die Endrunde reichen wird. Wann beginnt die Vorbereitung auf die Playoffs?

J. Neuman: Wir verfolgen die Nord-Teams und deren Entwicklung das ganze Jahr über. Das kann während der laufenden Punktspielrunde natürlich nicht so detailliert erfolgen, wie wir das bei unseren direkten Konkurrenten in der GFL-Süd tun. Schließlich ist das erste Ziel zunächst der Gewinn der Südmeisterschaft und darauf konzentrieren wir uns. Ab Mitte August werden wir aber den Blick auf die GFL-Nord und besonders auf deren Playoff-Kandidaten intensivieren.

 

Wie zufrieden seid ihr mit dem bisherigen Saisonverlauf der anderen Unicorns-Teams?

S. Gehrke: Sehr, denn besser kann es eigentlich kaum laufen. Fangen wir unten an: Die U13 steigt zwar erst nach den Sommerferien in den Spielbetrieb ein, hat aber als Neuerung von Flag- auf Tackle-Football umgestellt, wodurch der Übergang zu den älteren Mannschaften erleichtert wird. In der U15 spielen die jüngeren und unerfahreneren Spieler unseres U16-Kaders und sie haben in der Flag-Runde die Vize-Landesmeisterschaft errungen. Seit Ende Juni läuft die Tackle-Runde und auch da hält die U15 mit meist körperlich überlegenen Teams gut mit. U16 und U19 sind noch ungeschlagen und haben beide bereits vorzeitig die Meisterschaft in ihren Ligen klar gemacht. Die 2. Mannschaft spielt nach zwei Aufstiegen in Folge auch in der Landesliga oben mit und kann den Oberliga-Aufstieg noch aus eigener Kraft schaffen.

 

Am 24. August findet in Schwäbisch Hall der 38. Junior Bowl statt. Wie schätzt ihr die Chancen ein, dass die U19 der Unicorns ein „Finale daheim“ spielen darf?

J. Gehrke: Ich habe in diesem Jahr schon ein paar Spiele unserer U19 gesehen und ich muss sagen: Da haben wir eine wirklich tolle Truppe! Ich traue unseren U19-Spielern und ihren Coaches durchaus eine Teilnahme am Endspiel zu. Natürlich gehört auch immer ein wenig Glück dazu, in den K.O.-Spielen der Playoffs die optimale Leistung abzurufen. Der Anreiz ein Finale vor einer hoffentlich großen Kulisse zuhause zu spielen, ist für die Jungs aber natürlich zusätzliche Motivation. So oder so werden wir uns auf jeden Fall bemühen, einen würdigen Rahmen für das Endspiel im Optima Sportpark zu bereiten.

 

Zum Schluss noch ein Blick in die GFL-Nord, wo sich dieses Jahr ein enges Rennen um die Besetzung der vordersten Tabellenplätze abzeichnet. Welche Teams seht ihr im Norden auf den begehrten ersten zwei Plätzen, die Heimrecht im Viertelfinale bedeuten?

J. Neuman: Ich sehe nur hauchdünne Unterschiede zwischen Braunschweig, Dresden und Hildesheim. Keine Konstellation unter diesen drei Teams an der Nord-Tabellenspitze würde mich überraschen.

S. Gehrke: Die Braunschweig Lions werden dieses Jahr wohl wieder ganz oben landen und aus Sympathie für meinen alten Freund Ulz Däuber (Head Coach in Dresden, Anm. d. Red.) setze ich die Dresden Monarchs auf Platz Zwei. 

J. Gehrke: Ich würde mich über Dresden und Braunschweig auf den ersten beiden Plätzen freuen, traue es aber durchaus auch Hildesheim zu.

 

Vielen Dank für dieses Gespräch!

   
   
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