Nick Alfieri gehört seit 2016 zum Team der Unicorns. Der US-Amerikaner aus Oregon ist Linebacker - aber auch Filmemacher aus Leidenschaft. Eine Geschichte über zwei Lieben, eine wegweisende Entscheidung für Schwäbisch Hall und ein bisschen Hollywood.

 

Los Angeles – eine vibrierende Metropole inmitten Kaliforniens, die mit ihren 14 Meter hohen, weißen Lettern das El Dorado der Filmindustrie verkörpert: HOLLYWOOD - ein Traum, nach dem jeder Filmemacher strebt. Als Nick Alfieri 2015 seinen College-Abschluss in der Tasche hat und daraufhin eine Zusage der USC School of Cinematic Arts in Los Angeles erhält, scheint eine erfolgreiche Karriere hinter der Kamera vorgezeichnet. Nur drei Prozent aller Bewerber schaffen den Sprung auf die weltweit renommierte Filmschule, die seinerzeit selbst Hollywood-Regisseur Steven Spielberg drei Absagen nacheinander erteilte.

 

War „narrative filmmaking“ bereits sein Lieblingsfach am College, stehen Alfieri nun alle Türen offen, zum echten Filmprofi zu reifen. Doch wenn der 23-Jährige nach einem durchgetakteten Tag an der University of Southern California durch die überfüllten Straßen L.A.s spaziert, beschleicht ihn ein mulmiges Gefühl. „Ich habe die Großstadt überhaupt nicht gemocht“, sagt er rückblickend über die mit knapp vier Millionen Einwohnern zweitgrößte Stadt der USA. Aber das ist nicht alles: Der US-Amerikaner aus Portland, Oregon vermisst den Sport. „Ich dachte, meine Football-Karriere ist hier zu Ende. Aber das fühlte sich nicht richtig an.“

 

Wo Steven Spielberg eine Absage erhält und Nick Alfieri eine Filmkarriere startet

 

Parallel begibt sich Jordan Neuman im Winter 2015 auf die Suche nach Verstärkung für die neue Saison. Ein US-Amerikaner soll der Defense des damaligen deutschen Vizemeisters Stabilität verleihen. Über Umwege stolpert der Head Coach der Schwäbisch Hall Unicorns über einen Verteidiger, der gleich mehrere Positionen in der Verteidigung bekleiden kann. „Und am allerwichtigsten: Der mit seinem Charakter bestens in unser Team passen könnte“, betont Neuman, der daraufhin zum Telefon greift und Nick Alfieri in Los Angeles erreicht.

 

„Nick hat erzählt, wie sehr ihm das Football spielen fehlt und war sofort Feuer und Flamme, als ich ihm von unserem Verein erzählt habe“, erinnert sich der Trainer, der kurz vor Weihnachten eine Zusage aus Los Angeles erhält. Welches Ausmaß seine Entscheidung haben würde, ahnt Nick Alfieri damals nicht: „Ich habe der Film School gesagt, dass ich für ein Jahr in eine Kleinstadt irgendwo in Deutschland gehe, um danach mein Studium fortzusetzen.“ Und dann kommt alles ganz anders.

 

Eine halbe Million Zuschauer für NALF

 

Als der US-Amerikaner im März 2016 in Schwäbisch Hall ankommt, betritt er nicht nur eine fremde Welt, sondern auch einen ganz neuen Lebensabschnitt. Tausende Kilometer entfernt von Zuhause möchte Nick seine Familie und Freunde mitnehmen in die neue Heimat und gründet nur zwei Wochen nach seiner Ankunft einen YouTube-Kanal mit dem Namen ‚NALF‘. „Ich wollte meinen Freunden und meiner Familie zuhause zeigen, wie mein neues Leben in Schwäbisch Hall aussieht und wie ich Deutschland erkunde“, erklärt Nick, der die Videos auch macht, um später einmal mit Freude auf das Erlebte zurückschauen zu können. Die einen schreiben Tagebuch (neudeutsch: Blogs), Nalf verpackt seine Erlebnisse und Gedanken in einem Bewegtbildformat – genannt Vlogs (siehe Info unten).

 

„Meine ersten Vlogs waren ganz schön primitiv“, grinst der Amerikaner, der in seinen Filmen Einblicke in seinen Alltag und in das Team der Unicorns gibt, aber mit seinen Teamkollegen auch spannende wie unterhaltsame Vergleiche zwischen amerikanischer und deutscher Kultur anstellt. So werden aus den einst ein paar Hundert Zuschauern pro Video Tausend und aus den Tausend Zehntausende. Über eine halbe Million Views zählt gar das Video, in dem Nick Alfieri mit seinen amerikanischen Mitspielern und -bewohnern das in den USA sehr seltene Schaltgetriebe eines Autos kennenlernt. In derzeit 350 Vlogs hat Nick über 10 Millionen Aufrufe sowie 40.000 Abonnenten auf YouTube generiert und eine treue Fanbasis entwickelt - nicht nur zuhause in den USA, sondern ebenso in (Football-) Deutschland.

 

Auch Jordan Neuman gehört zu seinen Fans. „Ich bekomme ja auch nicht immer mit, was die Jungs so in ihrer Freizeit treiben, deshalb sind Nicks Vlogs immer sehr unterhaltsam“, verrät der Head Coach, der zugibt: „Ich bin wie viele andere immer sehr gespannt, wenn Nick ein neues Video hochlädt.“ Angst, dass sich Nick Alfieri durch seine Filmleidenschaft vom Football ablenken lässt, hat Neuman indes nicht – ganz im Gegenteil: „Das Filmen hilft mir, mich auf das Spiel zu fokussieren und die richtige Perspektive einzunehmen“, verrät Nick. Deshalb ist es nicht selten, dass man die Nummer 36 am Spieltag mit seiner Kamera in der Hand entdeckt. 

 

„Unicorn Town ist mein erster richtiger Film“

 

Doch das Material, das dabei entsteht, verwendet Nalf nicht nur für seine Vlogs. Schon kurz nach seiner Ankunft erzählt er dem Verein von seiner Vision, etwas Größeres machen zu wollen: Eine Dokumentation über die Schwäbisch Hall Unicorns, die ‚Unicorn Town‘ heißen soll. „Ich habe mein ganzes Leben Football gespielt und wusste nichts davon, dass es diese Sportart auch in Deutschland gibt. Schwäbisch Hall ist eine wunderschöne kleine Stadt, die zu meiner zweiten Heimat geworden ist und die Unicorns sind ein Team, das mit seiner familiären Atmosphäre absolut einzigartig ist. Diesen Rohdiamanten will ich so vielen Menschen wie möglich zeigen“, so Nick, der seit 2016 gemeinsam mit dem Haller Filmemacher und Unicorns Livestream-Chef Sven Löffler filmt, interviewt und archiviert. Er verrät: „Unicorn Town ist mein erster richtiger Film.“

 

Und auch für die Unicorns hat das Projekt einen hohen Stellenwert: „Was Nick mit seiner Arbeit für unseren Verein und die ganze Stadt bewirkt, ist herausragend! Wenn die Doku erst einmal raus ist, wird sie für noch mehr positive Aufmerksamkeit für die Unicorns sorgen“, freut sich Coach Neuman. Über 10.000 Stunden Arbeit, so schätzt Nick Alfieri, hat er bereits in ‚Unicorn Town‘ investiert – und auch in den Wintermonaten, wenn er zu seiner Familie nach Portland in Oregon zurückkehrt, gibt es keinen Tag, an dem er nicht mit der Filmbearbeitung beschäftigt ist.

 

Das ist Familie Alfieri ohnehin nicht anders gewohnt: Schon mit acht Jahren entdeckt Nick die Videokamera für sich, die er sich von seinen Eltern borgt, um Videosequenzen mit seinen fünf Geschwistern aufzunehmen. „Wenn wir gemeinsam in unserer Gegend unterwegs waren, habe ich das in kleinen Filmen festgehalten“, so Nick.

 

Eine Football-verrückte Familie

 

Die Alfieris sind in Oregon tief verwurzelt - Vater Phil und Mutter Kelly lernten sich während ihres Studiums an der Oregon State University kennen und blieben dem Staat an der Westküste treu. Phil ist außerdem dafür verantwortlich, dass die Alfieri-Kinder allesamt das Football-Gen erbten. Selbst Schwester Jamie (28) ist im Football Business zuhause und für die Organisation der Schiedsrichter in der College-Liga verantwortlich.

 

Drei der fünf Brüder sind wie der Papa zu Defense-Spielern geworden: Nick (26), Joey (23) und Andy (17) sind Linebacker, wobei Joey in diesem Jahr den Sprung in die NFL schaffen könnte und Andy als bestes Nachwuchstalent Oregons gehandelt wird. Anthony (24), der 2017 bereits für die zweite Unicorns-Mannschaft aktiv war, und Mikey (20) sind als Angriffsspieler dagegen etwas in der Unterzahl, wenn die Alfieris gemeinsam trainieren. Und das tun sie regelmäßig, wenn Nick gerade mal nicht mit ‚Unicorn Town‘ beschäftigt ist.

 

Schließlich ist American Football neben der Filmerei die zweite große Leidenschaft von Nick Alfieri. Erst auf der Jesuit High School nahe Portland, dann an der Georgetown University (2011– 2015) unweit des Weißen Hauses in Washington D.C. entwickelte er seine Liebe zum braunen Lederei. „Ich bin nicht der Größte, der Stärkste oder der Schnellste“, so der Linebacker zurückhaltend. „Aber ich versuche immer, meine positive Energie auf meine Mitspieler und das ganze Team zu übertragen.“ Das beobachtet Johannes Brenner regelmäßig. „Nicks Euphorie ist absolut ansteckend“, bestätigt der Defensive Coordinator der Unicorns, der Nick Alfieri als den „Quarterback der Defense“ bezeichnet: „Mit seiner schnellen Auffassungsgabe kann er seine Mitspieler in die richtige Position bringen und hat immer den Ehrgeiz, Höchstleistungen von sich selbst und von seinen Mitspielern einzufordern.“

 

Mit den meisten Tackles 2017 und 2018 hat der Linebacker einen großen Anteil an den beiden deutschen Meisterschaften der Unicorns: „Das waren auf jeden Fall die beiden erfolgreichsten Jahre, die ich im Football erleben durfte.“ Football ist für Nick Alfieri, der dank seines italienischen Urgroßvaters mittlerweile im Besitz der italienischen Staatsbürgerschaft ist, aber nicht nur der „ultimative Teamsport. Football lehrt mich auch abseits des Feldes unglaublich viele Dinge, die ich in das normale Leben übertragen kann“, sagt Nick und blickt damit auf seine andere Passion: „Auch für mein Filmprojekt gilt, dass man sich durchkämpfen muss, auch wenn es mal nicht so läuft.“ Aber genau dafür hat er vorgesorgt.

 

Von Schwäbisch Hall nach Hollywood?

 

Als im Januar bekannt wurde, dass NFL-Spieler Christian McCaffrey (Carolina Panthers) ‚Unicorn Town’ als Produzent unterstützt, war das Echo in der Football-Welt riesig. „Christian hat neben dem Football noch weitere Interessen - so kann er mich in der kreativen Arbeit mit guten Tipps unterstützen und dem Film den besonderen Wert verleihen, den er verdient“, so Nick Alfieri, der über seinen Bruder Joey, welcher mit McCaffrey das Zimmer am College teilte, den Kontakt zu dem berühmten Running Back herstellt. Der gesteht: „Ich hatte keine Ahnung, dass Football in Europa eine Rolle spielt und bin total begeistert von der Gemeinschaft, die die Unicorns haben.“ Dabei macht Christian McCaffrey dem Begründer von ‚Unicorn Town‘ ein großes Kompliment: „Nick ist einer der fleißigsten Menschen, die ich kenne und extrem talentiert. Wenn man das kombiniert, kann dabei nur etwas sehr Erfolgreiches herauskommen und ich fühle mich geehrt, mit Nick zusammen arbeiten zu dürfen.“ Das vom dritten Produzenten Brent Craft komplettierte Trio arbeitet derzeit hart, um ‚Unicorn Town‘ auf die Ziellinie zu bringen. Noch in diesem Jahr, so sind die Produzenten zuversichtlich, soll die Dokumentation in Spielfilmlänge zu sehen sein - vielleicht auf Netflix oder auf einer anderen Internetplattform.

 

Um wertvolle Tipps zu erhalten und den Film weiter zu optimieren, hat Nick Alfieri seine Fühler auch nach Hollywood ausgestreckt - dort, wo 2015 alles begann und wohin er nach einer Saison in Schwäbisch Hall zurückkehren wollte. Aber es kam anders: „Ich liebe die Stadt und ich liebe es, für die Unicorns zu spielen. Sie haben es mir ermöglicht, Football und Film miteinander zu vereinen, was mich unglaublich glücklich macht. Deswegen will ich genauso weitermachen, so lange ich kann.“ So ist das Studium an der Film School in L.A. mittlerweile Geschichte - doch vielleicht ebnet sich Nalf ja mit ‚Unicorn Town’ seinen ganz eigenen Weg – von Schwäbisch Hall in Richtung Hollywood.

 

 

Info: Der Begriff ‚Vlog‘ ist ein Kunstwort zusammengesetzt aus ‚Video‘ und ‚Blog‘. Dahinter verbirgt sich ein digitales Tagebuch in Form von Videos, die in regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden. Nick Alfieri bespielt seinen YouTube-Kanal NALF größtenteils während der Football-Saison der Unicorns und sorgt alle paar Tage für einen unterhaltsamen und spannenden Einblick in seinen Alltag. Reinschauen lohnt sich: youtube.com/nalfvlogs

 

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